Manga-Zeichnen lebt von interessanten Gesichtern!
Denn in den Gesichtern spielt sich die Hauptgeschichte ab.
All die Mimik, die unterschiedlichen Gesichtsformen, die intensiven Nah-Ansichten. Das macht die Geschichte emotional und lesenswert.
Deshalb gehe ich in diesem Beitrag speziell auf das Zeichnen von Gesichtern ein. Außerdem bin ich Porträt-Zeichner und Gesichter sind meine Spezialität!
Schauen wir uns zunächst an was Wikipedia dazu sagt:
Manga ist der japanische Begriff für Comics. Außerhalb von Japan bezeichnet er meist ausschließlich aus Japan stammende Comics, wird aber auch für nichtjapanische Werke verwendet, die visuell und erzählerisch stark an japanische Vorbilder angelehnt sind. Eine klare Abgrenzung von Manga durch Stilmerkmale ist wegen der großen formalen und inhaltlichen Vielfalt des Mediums in Japan nicht möglich.
Das Wichtigste hier für mich ist, dass Manga nicht wirklich abgegrenzt werden kann, da Manga soviel unterschiedliche Stile bedient. Als ich 1 Jahr in Japan gelebt habe, war ich total begeistert wie viele Zeichenstile für alle Altersgruppen die japanischen und nicht-japanischen Mangaka bedienten. Da gab es richtig realistisch gezeichnete Manga oder im Kontrast super vereinfacht gezeichnete, je nach Persönlichkeit und Vorliebe des Zeichners.
Wer Comics zeichnet und sich an den japanischen Vorbildern orientiert, der/die zeichnet Manga. Dabei kann der Stil wirklich unterschiedlich sein. Visuelle Merkmale eines Manga sind z.B. der Einsatz von Geschwindigkeits-Linien, der Strich und die Linie ansicht, der besondere Fokus auf Augen und der Einsatz von typischen Manga-Mimiken. Aber wie gesagt, im Endeffekt benutzen all das auch "normale" Comics auch. Die Unterschiede sind nicht wirklich groß.
Ich erinnere mich, dass ich für eine 20-Seitige Kurzgeschichte mehr als 2 Monate gebraucht habe! Okay, ich bin nicht der schnellste Zeichner gewesen, aber so langsam auch nicht! hehe
Zunächst braucht man eine Geschichte und Charaktere. Also eine Geschichte ausdenken und schreiben. Dazu Charakter-Sheets zeichnen. D.h. die Charaktere, die in der Geschichte vorkommen entwickeln, zeichnen, mit Kleidung und charakterspezifischen Mimiken versehen.
Als nächstes ein Story-Board zeichnen. Das ist so wichtig! Was man im Kopf hat funktioniert meist nicht so wenn man es tatsächlich auf Papier gebracht hat. Um bösen Überraschungen vorzubeugen ersmal skizzieren und festlegen wieviele Seiten man wirklich braucht.
Dann geht es ans Zeichnen. Erstmal mit Bleistift, dann mit Tusche. Am PC habe ich Rasterfolie und Texte eingefügt. Die Nachbearbeitung am Computer hat soooo viel Zeit geschluckt. XD
Zack! Waren 2 Monate rum und ich hatte gerade 20 Seiten fertig. Die hat man in unter einer Minute durchgelesen...
In all diesen Schritten schnell und richtig gut zu werden ist für mich das Schwierige am Manga-Zeichnen. Ich habe tiefen Respekt vor Manga-Zeichnern, die Tag für Tag neue Seiten produzieren. Einfach Wahnsinn!
Als ich mit 24 Jahren meinen Informatiker-Job gekündigt habe und mich in das Abenteuer "Künstler-Leben" gestürzt habe, war mein absolutes Ziel: Manga-Zeichner werden! Ich wollte also Comics Zeichnen und mich an japanischen Vorbildern anlehnen. Denn ich war großer Fan von Dragonball, Neon Genesis Evangelion und Hajime no Ippo (Mein Lieblins-Manga/-Anime).
Die ersten 2 Jahre zeichnete und veröffentlichte ich unermüdlich Kurzgeschichten und bewarb mich bei Verlagen. Eine großartige Zeit! Doch leider musste ich realisieren, dass Manga viel Zeit braucht und es keine Industrie gab/gibt in Deutschland für angehende Manga-Zeichner. Mein Geld ging aus und ich schwenkte um auf Charakter-Design für Games. Da fand ich auch bald einen Job und konzentrierte mich darauf meinen Zeichen-Skill zu verbessern.
Meine Manga-Zeit war super intensiv! Und irgendwie scheint das immer noch durch meine Zeichnungen. Hier sind einige meiner Schnellportraits, die ich live auf unterschiedlichen Events gezeichnet habe. Ca. 7 Minuten pro Portrait. Sieht irgendwie manga-mäßig aus, oder? XD Bei den Leuten kommt es super gut an! Ich muss auch dazu sagen, dass sobald man vereinfachter zeichnet, in Linien, (hier wegen Zeitmangel) es automatisch nach "Comic" aussieht. Und wenn man die Augen leicht glänzender und grösser zeichnet, ist die Brücke zu "Manga" schnell gebaut.
Ich habe soooo viele Gesichter einfach von vorne oder von der Seite gezeichnet. So habe ich angefangen! (nicht in der Qualität natürlich ;)) Erstmal ein Gesicht von vorne, dann von der Seite und irgendwann aus der 3/4-Ansicht.
Hierbei ist es wichtig sich zunächst auf die einzelnen Gesichtsmermale zu fokussieren. Sprich: Augen zeichnen, Nase zeichnen, Ohren zeichnen, Mund zeichnen, Haare zeichnen usw. Später hast du es viel leichter all diese "Bauteile" zu einem Gesicht zusammen zu fügen.
Anfangs hat man ein oder 2 Charakter-Typen, die man gerne zeichnet. Und das ist auch gut so. Man auf so vieles beim Gesicht achten, da hat man noch nicht die Muse sich über unterschiedliche Augen-Winkel oder Nasengrößen Gedanken zu machen.
Ausserdem lernt man meist eine Konstruktions-Methode und wiederholt sie immer wieder. Das motiviert dazu, dass man immer wieder die selben Gesichter zeichnet. Mir ging es auch so!
Beim Portrait-Zeichnen habe ich erst wirklich gelernt wie unterschiedlich jedes Gesicht ist. Jedes Auge, jedes Ohr, alles am Gesicht hat seinen ganz eigenen Charakter.
Deshalb baue ich meine Kurse auch mit den 3 unterschiedlichen Charakteren auf. Um unterschwellig zu vermeiden, dass Teilnehmer immer dieselben Gesichter zeichnen und ihren Blick für Individualität schärfen.
Dies sind 3 Standard-Charaktere für meine Kurse. Sie sollen nicht verrückt aussehen. Eine Geschichte mit ihnen wäre vielleicht nicht so spannend. Denn obwohl sie alle völlig unterschiedlich sind, sind sie auch ausgeglichen in ihrer Art. Da sind keine inneren Konflikte sichtbar. Was völlig okay ist, sie sind dafür für einen Kurs, um unterschiedliche Charakterzüge zu erklären perfekt geeignet!
Bevor ich solche Bilder zeichnen konnte habe ich gaaaaanz viel geübt. Sprich Anatomie und Gesichter in Perspektive. Üben hört sich langweilig an, aber wenn man realisiert welche Möglichkeiten einem danach offen stehen, dann begeistert es einen! Mich auf jedenfall hehe Ich liebe das zeichnerische Üben!
Ein Tipp: Perspektivisches Zeichnen baut ganz stark auf deinen Basis-Gesichts-Kenntnissen auf. Wenn du weißt wie man ein Gesicht von vorne und von der Seite zeichnet, dann wird es dir viel leichter fallen ein Gesicht in Perspektive zu zeichnen. Schließlich ist es immernoch dasselbe Prinzip, bloß "verzerrter".
Oh ja! Manga ohne Mimik wäre kein Manga. Oder vielleicht doch! Hehe wäre vielleicht sogar ganz witzig. Aber mit Sicherheit nicht auf Dauer!
Ich habe damit angefangen die 7 Basis-Emotionen visuell darzustellen. Immer wieder, bis ich mich damit sicher gefühlt habe. Dann kopierte ich Mimiken aus meinen Lieblings-Manga und sammelte ein Archiv an. Ich konnte mir alle Mimiken nicht merken und musste immer wieder anschauen XD
Als dies alles gut klappte beschäftigte ich mit intensiver mit Mimiken. Kaufte mir Experten-Bücher von Porträt-Zeichnern.
Manga-Zeichnen wurde gerne belächelt. Oder wie einige gerne sagen: "Mangas". Als ich damit angefangen hatte (vor 16 Jahren?!) war Manga noch nicht so populär. Leute haben das gerne als niedere Kunst abgetan. Heute ist Manga super beliebt! Doch es stellt sich trotzdem die Frage wie der Zusammenhang zwischen Manga und realistischem Zeichnen ist.
Meine Antwort auf die Frage, ob man um Manga zeichnen zu können realistisch zeichnen üben sollte definitiv ein: JA!
Ich persönlich habe nie vernachlässigt Anatomie und realistisches Zeichnen, neben dem Manga-Zeichnen, zu üben. Beides hat sich einander ergänzt.
Manga ist die Vereinfachung des Realistischen. Damit man etwas richtig vereinfachen kann, muss man erst ein gutes zeichnerisches Fundament haben. Und das Fundament bekommt man, indem man die Realität abzeichnet. Damit schärft man das Auge, versteht auf Details zu achten, sieht Zusammenhänge.
Im Manga lässt man Zeicherisch Vieles weg, was trotzdem unterbewusst da ist. Es ist also viel mehr da als das was wir mit unseren Augen sehen. Manga ist für mich deshalb sogar eine Erweiterung des realistischen Zeichnens.
Meiner Erfahrung nach unterschätzen viele angehende Manga-Zeichner (in Deutschland) diesen Umstand. Man muss aber auch zur Verteidigung sagen, dass es einfach keine Schulen dafür gibt. Wie z.B. in Japan. Oder eine Manga-Industrie, die angehende Manga-ZeichnerINNEN aufnimmt und begleitet.
Das waren meine 4 Tutorial-Tipps zum Gesichter-Zeichnern im Manga-Stil und meine Erfahrungen zur Welt des Manga-Zeichnens!
Ich werde sicherlich noch näher auf weitere Themen eingehen und Anleitungen veröffentlichen. Abonniere gerne diesen Blog und gib mir Feedback auf meinem Social Media.
Viel Spaß und viel kreativen Erfolg!
Maxim
Nico
Maxim Simonenko
ich weiß wie es dir geht! Bei Manga sieht man "Fehler" sehr viel deutlicher, da eine Zeichnung meist aus wenigen Linien besteht. Bei realistischen Zeichnungen kann man oft einfach mehr Details und Schraffuren hinzufügen. Dann fallen einzelne Bereiche nicht mehr so auf.
Bleib motiviert! :)
Maxim
Was denkst du?