Ich habe mit Manga-Zeichnen angefangen, zeichnete mehrere Jahre sehr intensiv und veröffentlichte Kurzgeschichten in Sammelbänden. Dabei entstanden unzählige Gesichter im Manga-Stil – und trotzdem studierte ich reale Menschen. Denn Manga-Zeichnen ist nicht einfacher als reales Zeichnen: Manga ist vereinfachte, stilisierte Realität. Die Realität ist auch hier das, was man zuerst lernen muss, um gut Manga zeichnen zu können.
Später wechselte ich in die Gaming-Branche und wurde Concept Artist. Dort zeichnete ich semi-realistische Gesichter – digital und in einem eher westlichen Stil. Dreidimensionalität war hierbei wichtiger als im Manga, die Form musste wirklich im Raum sitzen.
Danach wurde ich freiberuflich und zeichnete Fantasy-Portraits, fast realistisch. Sie sahen schön aus, aber oft noch zu ähnlich, zu wenig abwechslungsreich. Also entwickelte ich mich weiter: Heute bin ich Schnellzeichner und porträtiere jährlich über 3000 Menschen live – und zusätzlich viele nach Foto.
In meiner Freizeit zeichne ich aufwändigere, realistische Portraits mit Kohle und Bleistift. Insgesamt blicke ich auf eine 17-jährige Künstlerkarriere zurück, die sich stets auf das Zeichnen von Gesichtern gestützt hat. Gesichter sind einfach immens interessant. Menschen sind interessant. Und wenn du dich auch für Gesichter interessierst, dann ist dieser Beitrag für dich – legen wir los!
In meinen 17 Jahren Unterrichtens an Schulen und Akademien habe ich unzählige Zeichenstile und -materialien gesehen. Die meisten konzentrieren sich zuerst auf Stil- oder Materialfragen: Manga-Stil, Comic-Stil, hochrealistisch; Porträts in Aquarell, mit Bleistift usw. In solchen Kursen lernt man oft vor allem den Umgang mit dem Werkzeug – aber kaum das eigentliche Zeichnen von Gesichtern.
Stil und Material sind wichtig und sollen Spaß machen. Doch im Kern geht es ums Zeichnen von Menschen. Wer versteht, wie man ein Gesicht analysiert, bewusst sieht, wie es strukturiert ist, welche visuelle Wirkung verschiedene Formen haben und wie man es sich dreidimensional vorstellt, kann jeden Stil und jedes Material wählen – und wird gut zeichnen, weil das Wesentliche sitzt.
Auch Manga-Zeichner:innen haben zuerst reale Menschen studiert, bevor sie Gesichter im Manga-Stil vereinfachten. Das macht doch Sinn, oder?
Egal in welchem Stil – man sollte erkennen, dass es ein menschlicher Charakter ist. Und wie lernt man am effektivsten, Menschen zu zeichnen? Durch Porträts!
Das ist nicht nur meine Meinung: In japanischen Manga-Schulen gehört Porträtzeichnen fest zum Lehrplan. Die besten Künstler:innen der Welt – ob Concept Artists oder Manga-Zeichner:innen – sind hervorragende Porträtzeichner:innen. Es ist die Basis, die (zumindest nach meiner Erfahrung in Deutschland) viel zu sehr unterschätzt wird.
Ich vergesse nie ein Gespräch mit einer Verantwortlichen eines großen Buchverlags:
„Wir brauchen Künstler:innen, die gute Gesichter zeichnen können – aber wir finden in Deutschland kaum welche. Deshalb müssen wir im Ausland buchen.“
Mir geht es da ähnlich. Ich habe zu viele Aufträge-Anfragen, als dass ich sie zeichnen kann. Doch ich habe niemandem, dem ich die Aufträge weiterleiten kann! Vielleicht findet sich jemand durch diesen Beitrag XD Schreibt mich an!!
Porträts zeichnen ist nicht nur beliebt, sondern auch eine der lukrativsten Disziplinen in der Kunst. Gesichter in Manga, Anime, Spielen und Filmen entscheiden darüber ob wir die Charaktere interessant finden. Gesichter begegnen uns den ganzen Tag, sie beschäftigen und faszinieren uns. Kein Wunder, dass viele bekannte Filmregisseure betonen: „Das Gesicht ist das wichtigste Element in einem Film.“
Auch in der Kunstgeschichte ist das Gesicht zentral: die Mona Lisa oder Van Goghs Selbstporträts überdauern Jahrhunderte und berühren Menschen bis heute.
In unserer modernen Zeit sind Gesichter oft verändert – durch Operationen, Make-up, Brillen oder Frisuren. Doch das wahre Gesicht zu erkennen, erfordert genaues Hinsehen.
Gesichter zeichnen trainiert die Fähigkeit Menschen bewusster zu sehen. Auch Nichtzeichner profitieren davon vereinfachte Porträts zu zeichnen. Denn erst wenn man etwas zeichnet oder aufschreibt, versteht man es wirklich. Das ist eine der größten Stärken des Gesichter Zeichnens!
Wichtig: Beim Porträt zeichnen lernen nicht zu sehr auf Materialien fixieren. Ob Bleistift, Fineliner, Marker, Pinsel oder digital – das Werkzeug ist zweitrangig. Entscheidend ist, dass du Menschen bewusst erkennst: Wenn du ein Gesicht im Kopf sehen und zeichnen kannst, kannst du es mit jedem Material umsetzen.
Deine Basis-Schritte
Konzentriere dich zuerst auf Sehen, Verstehen, dreidimensionales Denken – so gelingt dir Gesichter zeichnen lernen nachhaltig und stilunabhängig. Los geht’s! 😊
Das Wichtigste beim Gesichter zeichnen ist, zu erkennen, dass in jedem Gesicht Einzigartigkeit herrscht. Jedes Ohr, jede Nase, jeder Mund ist absolut individuell. Zeichne diese deshalb nicht oberflächlich, sondern widme jedem Teil des Gesichtes Zeit.
Hier findest du weitere Blog-Einträge, die in die Tiefe gehen:
Viele Künstler achten nicht darauf und zeichnen zum Beispiel die Ohren immer gleich. Das liegt daran, dass sie nicht genau hinschauen oder die Erfahrung fehlt, welchen „Charakter“ nicht nur die Person hat, sondern auch das Ohr, die Nase oder der Mund.
👉 Das übt man am besten mit vereinfachten Zeichnungen. Sie gehen schnell, sind einfach und fokussieren sich auf das Wesentliche: Entweder du hast die Person erfasst – oder nicht. Genau das sieht man schon in der ersten, leichten Vorzeichnung.
Wenn du sagst: „Okay, ich möchte aber keine comichaften Gesichter, ich will nur realistisch Porträts zeichnen“ – dann überspringst du etwas ganz Wichtiges. Das Realistische baut nämlich genau darauf auf.
Diese Basis, dieses vereinfachte, ja sogar comichafte Zeichnen, wird oft total unterschätzt.
Sogar fortgeschrittene Künstler:innen schieben ein unklares, nicht erkennbares Porträt auf ihre Bleistifttechnik – und suchen dann nach einem Bleistift-Porträt-Kurs.
In Wahrheit liegt das Problem aber woanders: Das Gesicht wurde noch nicht wirklich erfasst.
Jede Zeichnung braucht eine stimmige Vorzeichung – egal, wie detailliert sie am Ende wird, egal mit welchen Materialien.
👉 Meine Kurse dazu: Erste Gesichter-Basis und Menschenkenntnis durch Zeichnen (In Arbeit...).
Wenn du langsam ein gutes Gefühl für Gesichter hast, ist der nächste Schritt beim Gesichter zeichnen lernen die Schattierung. Dabei geht es weniger um deine Schatten-Schraffur-Technik, sondern um dreidimensionales Denken – eine absolute Basisfähigkeit.
Wer nur flach, zweidimensional sieht und kopiert, wird auch flache Zeichnungen produzieren.
Wer aber lernt, einen Kopf im Gedanken zu drehen, der versteht sofort:
Es reicht schon, erstmal Licht- und Schattenseite zu erkennen. Allein dadurch werden auch einfache Umrisszeichnungen viel besser, weil du beim Zeichnen automatisch daran denkst: Das hier ist die Vorderseite, das ist die Seite des Kopfes. Du gehst dann ganz anders mit Abständen innerhalb des Gesichtes um. Deine Linien gewinnen an Tiefe und Lebendigkeit. Deine Linienzeichnungen werden sich dadurch ungemein verbessern.
Bei der Schattierung ist zunächst das Verstehen wichtiger als das bloße Sehen.
Denn das Sehen allein täuscht ein ungeübtes Auge schnell.
Wie oft passiert es, dass man denkt: „Wow, mein Porträt sieht perfekt aus!“ – und am nächsten Tag schaut man drauf und fragt sich: „Wer hat das eigentlich gezeichnet?“ 😅
👉 Durch das Verstehen der Theorie hinter Schattierung und Licht lernst du, genauer hinzusehen.
Du erkennst Schritt für Schritt immer besser die Abstände, die Dunkelwerte und die Charakteristika in einer Zeichnung.
Schattierung ist also nicht nur für alle nützlich, die meisterliche, schattierte Portraits anstreben, sondern auch für alle die vereinfacht zeichnen. Also auch für Urban Sketching, Manga, Comic und grafisches Zeichnen.
Den Kurs zu diesem Thema habe ich extra digital am IPad in Procreate erstellt, weil man mit den digitalen Möglichkeiten besser die Dreidimensionalität erklären kann. Aber natürlich kann man den Kurs mit allen Zeichenmaterialien machen.
👉 Kurs: digital Schattierung und Tiefe in Porträts am IPad
Viele Menschen unterschätzen ihre zeichnerischen Fähigkeiten.
Das erinnert mich ein bisschen an meine Reisen nach Japan: Dort trauen sich die Menschen oft nicht, Englisch zu sprechen, weil sie Angst haben, Fehler zu machen. Doch genau dadurch werden sie nicht besser.
Genauso ist es in Deutschland mit dem Skizzieren von Menschen. So kommt es mir zumindest vor. ;)
Eigentlich hat jeder gelernt, Striche zu ziehen, und jeder sieht jeden Tag Gesichter. Aber kaum jemand traut sich, einen Menschen zu zeichnen.
Dabei muss es kein Meisterwerk sein!
Und das Erstaunliche: Wie sehr sich die Gezeichneten schon über eine kleine, schiefe Skizze freuen – das ist unglaublich.
Deshalb motiviere ich alle, die Interesse am Porträts zeichnen haben: Zeichnet Menschen live – egal wie. Es wird wunderbar! Und man lernt soviel mehr.
Nachteil von Fotos zu zeichnen: Besonders am Anfang fehlt vielen das Auge dafür, gute Fotovorlagen auszuwählen. Fotos sind oft verzerrt, überbelichtet, die Strukturen im Gesicht sind schwer erkennbar. Dadurch lernt man wenig und zeichnet unkenntliche Porträts.
Wie man ein Foto mit einem Foto macht, zeige ich übrigens in meinem Kurs: Live-Porträts zeichnen
Beim Live-Zeichnen passiert etwas ganz anderes:
Das macht deine Porträts sofort besser. Außerdem lernst du, Menschen genauer zu sehen – und meist gibt es nebenbei auch ein Gespräch. Fang am besten mit Menschen an, die du kennst, und baue es langsam aus.
So verlierst du die Angst vor Gesichtern und entwickelst gleichzeitig eine große Toleranz: Du merkst, jedes Gesicht hat seine eigene Schönheit. Große Nase, abstehende Ohren – das alles gehört zur Person und macht sie aus. Genau das zu sehen, die Wichtig dahinter zu erkennen und eine wunderbare Toleranz zu entwickeln, ist die wahre Stärke beim Porträts zeichnen.
Und ja – es macht auch mehr Spaß: Die Leute wollen das sehen, und du wirst gezwungen, schneller und auch mal unter Druck zu arbeiten. Ein bisschen Druck ist oft beim Lernen von etwas Schwierigem hilfreich.
.👉 Mein Kurs dazu: Live-Porträts Zeichnen
Vielen Fangen mit realistischem Zeichnen an. Das ist auch okay, es ist eh sinnvoll zwischen den 4 Schritten, die ich hier zeige, immer wieder hin und her zu springen. Beim Zeichnen übt man nicht eine Sache einmal und dann nie wieder, sondern man kommt immer wieder zu den Basics zurück. Man springt hin und her. Wenn man den einen Schritt verbessert hat, merkt man, dass er andere hinterher hinkt.
In meiner Schritt für Schritt Anleitung empfehle ich diesen Schritt jedoch als letztes, damit es logischer aufgebaut ist. Es ist aber eher ein Krauslauf bei dem man alle Punkte immer wieder durchläuft.
Zeichne zumindest einmal ein richtig realistisches, ausgearbeitetes Porträt auf einem großen Papier (ab A3) – auch wenn du eigentlich gar nicht in diese Richtung mit deiner Kunst gehen willst.
Es lohnt sich, seine eigenen Limits zu überschreiten. Denn realistisches Zeichnen zwingt dich, noch genauer hinzuschauen und anatomische Feinheiten zu erkennen.
Aber: Du kombinierst es mit deinen vorherigen Kenntnissen. Du kopierst nicht nur, sondern du fühlst, erkennst und zeichnest zusätzlich noch meisterlicher dazu.
Das Ergebnis: Du erreichst ein Skill-Level, das weit über das hinausgeht, was du im Alltag brauchst. Und dann bist du wirklich frei: Du kannst dich entscheiden, wen du zeichnest, wo du zeichnest und womit. Dein Werkzeugkasten ist komplett – und du kannst mit jedem Stil sicher arbeiten.
👉 Emfehlung: Kurs fortgeschrittene Porträts zeichnen
Porträts zeichnen heißt nicht nur Technik anwenden.
Es heißt:
Deshalb liebe ich es am meisten Menschen mit Menschen zu zeichnen. ^^
Wenn du mehr mit und von mir lernen möchtest:
Ich wünsche dir viel kreative Freude und hoffe mein Blog-Beitrag "Porträts zeichnen: So gelingt jedes Gesicht" hat dir gefallen!
- Maxim
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